CLIENT: NDU Sankt Pölten
DATE: 2016 und 2017
INFO: Raumlabor / Thomas Gronegger, Theresa Kilian
RESEARCH

VAN GOGH´S ZIMMER

Das Raumlabor wird als zweisemestriges Seminar in Krems abgehalten. Neben der Betreuung der Lehrveranstaltung wurde auch das gestalterische sowie das didaktische Konzept entwickelt.

Das Raumlabor setzt sich mit grundlegenden Raumphänomenen auseinander und bietet den Studierenden der New Design University die einmalige Möglichkeit verschiedene Versuchsstrecken in einer 1:1 Raumkulisse, bestehend aus einem Altbau- sowie einem Neubauraumsetting, durchzuspielen und diese kritisch zu vergleichen. Zum Einstieg in das Semester werden Kartonmöbel, die die Raumkulissen bespielen, in Skizzenform entwickelt und anschließend gefertigt. In den Räumen werden in Folge gruppenweise Versuchsstrecken angeordnet, in denen versucht wird zuvor festgehaltene räumliche Fragestellungen praktisch zu manifestieren. Der inhaltliche Bogen spannt sich dabei von 2D (Linie, Fläche) Elementen hin zu 3D (Raum und Möbel) Erfahrungen. Die begleitende analoge Dokumentation erfolgt in Kurztexten, Fotoanalysen sowie Skizzen.

Exemplarische Beschreibung zweier Raumsequenzen:

A) Heidemarie Lehmann, „Der Außenseiter“ – Drei der vier Möbel bilden eine Gruppe, ein Möbel steht immer alleine:

Die Raummitte bleibt in dieser Anordnung frei, die Möbeleinheiten konzentrieren sich auf zwei sich gegenüberliegende Ecken. Während der dem Zuseher zugewandte Kubus sich entlang der Vertikalen streckt, liegen die sich im Hintergrund gruppierenden Möbelvolumen und betonen die Horizontale. Die Volumina der beiden Gruppen dürften in ihrer Gewichtung ausgewogen sein, dennoch dominiert jeweils der Kubus im Vordergrund das Gesamtensemble und reduziert die Einsichtigkeit beider Räume auf unterschiedliche Art: Während im Neubauraum (links) die dramaturgisch weniger relevante Seitenwand segmentiert wird und die Gesamtatmosphäre dadurch nur marginal beeinflusst wird, steht der Kasten im Altbauraum (rechts) auf der Fensterseite und überschreibt dem Raum eine Zäsur, teilt ihn und bildet Nischen aus.

Die kubische Hintergrundgruppe wirkt im Neubauraum beruhigt, erhebt sich in sanften Stufen langsam zur hinteren Ecke hin. Die vielschichtigeren Kulissenmöbel im Altbauraum sind in dieser Zusammenstellung nicht einzeln auszumachen und wirken als Gruppe lockerer und leichter, als würden sie sich zum hinteren Raumeck hin auflösen.

In der freien Raummitte kommt dem Deckenlicht besondere Bedeutung zu. Während es bei der geringeren Raumhöhe etwas niedriger gehängt die Lichtebene eher auf die Aughöhe senkt und einen Ansatz von Wohnlichkeit erzeugt, wirkt im Altbauraum das hoch hängende Licht kühler und distanzierte auf die Raumstimmung.

B) Edith Berkmann, „Der Wandläufer“ – Alle vier Möbel bilden eine Gruppe und separieren sich sukzessive in Richtung der vier Wandflächen, sodass am Ende an jeder Wandfläche nur mehr ein Möbel steht:

Im niedrigen Volumen des Neubauzimmers (links) wachsen die Möbelquader förmlich aus dem Boden als wären sie Teil des Raumes und reduzieren damit das Innenraumvolumen deutlich. Im Gegensatz dazu wirken sie im Altbauraum (rechts) eher als raumergänzende, vom Raum (durch die Beine) abgehobene mobile Elemente – es entsteht ein Darüber und Darunter, ein Dazwischen und Daneben. Die Lage der Objekte an der geöffneten Wand erzeugen für den Betrachter den Eindruck des „aufgeschnittenen“ Raumes.

Während links die Quader zusammengestellt ein neues Gesamtvolumen bilden, bleiben die Kulissenmöbel rechts eigenständige separate Objekte die in den unterschiedlichen Kompositionen in ihrer Dominanz miteinander spielen.

Die lineare Anordnung unterstreicht die Raumachsen und wirkt insgesamt harmonisch, trotzdem die Ein-zelelemente in ihren Volumen und Ausdehnungen höchst unterschiedlich sind. Verlässt hingegen ein oder mehrere Objekte die Gruppe entsteht ein Spannungsfeld der Objekte zueinander.

Die räumliche Wirkung von hoch und niedrig, dick und dünn, klein und groß hat einen direkten Bezug zur Raumhöhe und der Position, Form und Größe der Fenster, sowie der Türausschnitte. Während im Neubau (links) der stehende Kubus mit seinen sekundierenden niedrigen liegenden Quadern stark raumgreifend auf die Raumtiefe bezogen wirkt und die niedrig und nah hängende Belichtung die linke Wand in einen Schatten taucht, wirkt die gleiche Konstellation im Altbau weniger Raumgreifend, bildet mehr einen Ort im Vordergrund und beeinflusst die Ausbreitung des Lichts nur marginal.

Info: Aufbau der Raumkulissen durch die Bau HTL Krems

Konzeptentwicklung: Martin Ritt, MA, Dr. Thomas Gronegger

Die Fotos zeigen teilweise Arbeiten von Studierenden der New Design University.